Backpacking in NRW: Wege & Tipps

Foto des Dreiländereck-Grenzsteins bei Sonnenaufgang.
Der zentrale Grenzstein am Dreiländereck symbolisiert die Zusammenkunft dreier Länder.

Nordrhein-Westfalen, das bevölkerungsreichste Bundesland Deutschlands, verbinden die wenigsten mit einsamer Wildnis und mehrtägigen Trekkingtouren. Doch zwischen Metropolregionen und Industriekultur verbergen sich überraschend vielfältige Wanderlandschaften, die sich perfekt für ein Backpacking-Wochenende eignen. Dieser Artikel führt Sie durch die schönsten Regionen NRWs, gibt praktische Tipps zur Routenplanung und zeigt, wie Sie auch ohne lange Anreise ein authentisches Outdoor-Abenteuer erleben können. Lassen Sie sich überraschen, wo in NRW die Weite lockt.

Warum NRW ein Geheimtipp für Backpacker ist

Die Vorstellung von Backpacking ist oft geprägt von Bildern der Alpen oder skandinavischen Weiten. Nordrhein-Westfalen hingegen bietet eine einzigartige Mischung aus Natur und Kultur. Hier wandern Sie nicht nur durch stille Wälder und über baumfreie Höhen, sondern stoßen immer wieder auf Zeugnisse einer reichen Geschichte – von römischen Spuren bis hin zur Industriekultur, die sich faszinierend in die Landschaft einfügt. Der große Vorteil: Die exzellente Anbindung durch den ÖPNV macht es einfach, ohne Auto zu den Startpunkten der Touren zu gelangen. Zudem sind die Distanzen zwischen Unterkünften oder Bahnhöfen oft so gering, dass sie sich ideal in mehrtägige Routen integrieren lassen. NRW ist damit das perfekte Revier für alle, die das Wandern mit leichtem Gepäck erlernen oder einfach nur ein unkompliziertes Naturerlebnis suchen.

Die Wahl der richtigen Route: Von anspruchsvoll bis gemütlich

Bevor der Rucksack gepackt wird, steht die Entscheidung für eine Route im Mittelpunkt. Glücklicherweise bietet NRW für jeden Fitnessgrad und jede Zeitplanung die passende Tour.

  • Für Einsteiger und Genießer: Der Rothaarsteig im Sauerland ist ein Klassiker. Sie müssen nicht den gesamten 154 km langen „Weg der Sinne“ gehen. Abschnitte wie von Schmallenberg nach Winterberg (ca. 20-25 km pro Tag) führen über wellige Höhen mit fantastischen Aussichten und bieten eine gute touristische Infrastruktur.
  • Für Herausforderung und Weitsicht: Der Siebengebirgsweg bei Bonn ist kürzer, aber konditionell anspruchsvoller. Die Tour über die Gipfel des Siebengebirges belohnt mit atemberaubenden Blicken auf den Rhein.
  • Für eine Zeitreise: Der Eifelsteig führt auf seiner ersten Etappe von Aachen nach Roetgen durch das deutsch-belgische Grenzland und bietet Historie und Ruhe. Die weiteren Etappen bis nach Trier erschließen die vulkanische Eifel mit ihren Maaren.

Eine gute Planungsquelle sind die Websites der regionalen Tourismusverbände, die oft detaillierte Etappenbeschreibungen inkl. Höhenprofilen und GPS-Tracks bereitstellen.

Das Sauerland: Weite Wälder und die Höhen des Rothaargebirges

Das Sauerland ist das Wanderherz NRWs. Hier finden Sie die größten zusammenhängenden Waldgebiete und die höchsten Erhebungen des Landes, wie den Langenberg (843 m). Der bereits erwähnte Rothaarsteig ist die Lebensader der Region, aber es gibt ein dichtes Netz weiterer Premium-Wanderwege. Eine lohnende Zwei-Tages-Tour könnte so aussehen: Starten Sie in Winterberg, übernachten Sie in der gemütlichen Trekkinghütte „Hunau“ (Vorreservierung essentiell!) und wandern Sie am zweiten Tag weiter Richtung Schmallenberg. Sie erleben die typischen „Kahle Höhen“ – grasbewachsene Gipfel mit fast alpinem Feeling – und tauchen ein in tiefe, mystische Fichten- und Buchenwälder. Unterwegs laden zahlreiche Bänke und Schutzhütten zur Rast ein.

Die Eifel: Wildnis und Vulkane vor der Haustür

Der Nationalpark Eifel ist ein Muss für alle, die echte Wildnis suchen. Auf dem Wildnis-Trail können Sie den Park in vier anspruchsvollen Tagesetappen durchqueren. Für ein Wochenende eignet sich besonders die Etappe 2 (von Einruhr nach Gemünd). Sie führt durch das urtümliche Tal der Oberen Urft, vorbei an den „Eifel-Blicken“ und durch stillgelegte Forstgebiete, die sich zu einem neuen, unberührten Wald entwickeln. Die Atmosphäre ist hier eine völlig andere als im Sauerland: rauer, stiller und von der Kraft der vulkanischen Vergangenheit geprägt. Übernachtungsmöglichkeiten finden sich in den umliegenden Dörfern, die oft mit dem Wanderbus erreichbar sind.

Das Bergische Land und das Siebengebirge: Zwischen Tälern und Gipfeln

Für alle, die im Westen NRWs starten, bieten das Bergische Land und das angrenzende Siebengebirge spektakuläre Touren. Der Natursteig Sieg folgt dem Flusslauf der Sieg durch abwechslungsreiche Landschaften. Eine anspruchsvolle Wochenendtour ist die Durchwanderung des Siebengebirges. Starten Sie in Königswinter, besteigen Sie den Drachenfels – notfalls auch mit der Zahnradbahn – und wandern Sie weiter über den Großen Ölberg, den höchsten Punkt des Gebirges. Die ständigen Auf- und Abstiege fordern zwar die Oberschenkel, aber die Ausblicke auf den Rhein sind unschlagbar. Eine Übernachtung in Bad Honnef bildet den perfekten Abschluss.

Praktische Planung: Unterkünfte und Gepäck

Die größte Herausforderung beim Backpacking in NRW ist oft nicht die Route, sondern die Unterkunft. Zelten ist im Wald in der Regel nur auf offiziellen Campingplätzen erlaubt (Biwakieren/Biwakcamping ist in NRW rechtlich Grauzone bis verboten). Die Lösung sind eine geschickte Routenplanung von Dorf zu Dorf oder die Nutzung von Trekkinghütten und Jugendherbergen.

  • Jugendherbergen (DJH): Oft ideal an Wanderwegen gelegen, preiswert und benötigen meist nur eine Mitgliedschaft.
  • Privatpensionen und Gasthöfe: Bieten Komfort und regionale Küche, sollten aber früh gebucht werden.
  • Trekkinghütten (z.B. im Sauerland): Einfache, oft nur mit Matratzenlagern ausgestattete Hütten, die einen rustikalen Charme bieten. Schlafsack ist Pflicht!

Packen Sie leicht. Da die Wege zwischen Versorgungspunkten kurz sind, müssen Sie nicht für eine Woche autark sein. Ein paar Energieriegel, ausreichend Wasser und ein gutes Mehrschichtensystem der Kleidung (Zwiebelprinzip) sind wichtiger als übergroße Vorräte.

Die richtige Ausrüstung für ein Wochenende

Auch bei kurzen Touren ist die passende Ausrüstung entscheidend für den Komfort und die Sicherheit.

  • Rucksack (30-40 Liter): Groß genug für Schlafsack, Wechselkleidung, Verpflegung und Zelt (falls geplant), aber klein genug, um nicht zu viel mitzuschleppen.
  • Wanderschuhe: Feste, eingelaufene Schuhe mit gutem Profil sind ein Muss, besonders in der felsigen Eifel oder im Siebengebirge.
  • Wetterfeste Kleidung: Eine regen- und winddichte Jacke sowie eine Überhose sollten immer dabei sein, das Wetter in den Mittelgebirgen kann schnell umschlagen.
  • Navigation: Auch wenn die Wege oft gut markiert sind: Eine Wanderkarte, ein Kompass und/oder ein GPS-Gerät (Smartphone mit Offline-Karten und Powerbank) sind unverzichtbar.

Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Nachhaltig zum Wanderstart

Einer der größten Vorteile NRWs ist die exzellente Erschließung mit Bus und Bahn. Fast alle oben genannten Start- und Endpunkte sind bequem mit Regionalzügen (RE, RB) erreichbar. Nutzen Sie die NRW-Tarife (z.B. das Schöne-Wochenende-Ticket oder das Quer-durchs-Land-Ticket für Gruppen) für eine kostengünstige Anreise. Planen Sie Ihre Tour so, dass Sie am Ende einer Etappe an einem Bahnhof oder einer gut angebundenen Bushaltestelle ankommen. Die Webseiten der Verkehrsverbünde (VRR, VRS, NWL) und der DB sind hier unverzichtbare Helfer.

Sicherheit und Respekt in der Natur

Backpacking bedeutet auch Verantwortung – für sich selbst und für die Umwelt.

  • Hinterlassen Sie keine Spuren: Nehmen Sie allen Müll wieder mit.
  • Respektieren Sie die Wildtiere: Bleiben Sie auf den Wegen, besonders im Nationalpark Eifel, wo die Natur sich selbst überlassen wird.
  • Bereiten Sie sich vor: Informieren Sie jemanden über Ihre Route und die voraussichtliche Rückkehr. Checken Sie die Wettervorhersage kurz vor Antritt der Tour.
  • Notfall: Die einheitliche Euro-Notrufnummer 112 funktioniert auch in den entlegensten Winkeln, sofern ein Mobilfunknetz verfügbar ist.

Wie dieser Artikel gezeigt hat, ist Nordrhein-Westfalen ein überraschend vielseitiges und zugängliches Revier für Backpacking-Anfänger und Fortgeschrittene. Vom weiten Rothaargebirge über die wilde Vulkanlandschaft der Eifel bis zu den romantischen Rheinblicken des Siebengebirges gibt es für jeden Geschmack die passende Wochenendtour. Mit einer guten Vorbereitung, leichter Ausrüstung und der Nutzung des hervorragenden ÖPNV-Netzes steht einem unkomplizierten Outdoor-Abenteuer nichts im Weg. Packen Sie also Ihren Rucksack und entdecken Sie die Natur, die direkt vor Ihrer Haustür auf Sie wartet.

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